Der beste Tipp, den ich jemals bekam
Suchst du auch manchmal nach einem Tipp oder Trick, der alle deine Lernprobleme löst?
Oft fragen mich Studenten, was ich ihnen denn am besten empfehlen würde: das beste Buch, die beste Lernmethode oder einen Ratschlag, den ich jedem Deutschlerner geben würde.
Deshalb erzähle ich dir heute eine ganz persönliche Geschichte über meine Zeit, als ich selbst Deutsch gelernt habe. Dort geht es um den besten Tipp, den ich jemals bekommen habe und der mir in ganz vielen Lebenssituationen, nicht nur beim Deutschlernen, geholfen hat.
Meine DSH-Prüfung
Vor circa 12 Jahren musste ich meine DSH-Prüfung an der Uni Marburg ablegen. Wer in Deutschland studiert (hat) oder studieren möchte, weiß, dass die DSH-Prüfung eine der schwierigsten Sprachprüfungen ist, die es auf Deutsch gibt. Und dazu hatte Marburg auch noch den Ruf von einer der schwierigsten DSHs.
Die DSH ist eine ziemlich wichtige Prüfung, von der es einiges abhängt… ob man studieren darf oder nicht. Ob man ein Visum bekommt, oder nicht. Ob man überhaupt in Deutschland bleiben darf oder wieder nach Hause fährt. Und für manche Studierende (zum Beispiel die, die aus Kriegsregionen kommen) steht es um die DSH-Prüfung wie um Leben und Tod.
Bestehen sie, so haben sie eine Chance, in Deutschland zu studieren, vielleicht auch zu arbeiten und eventuell länger zu bleiben. Fallen sie durch, so müssen sie wieder in ihr Land zurückkehren und damit vor sich selbst, ihren Eltern und ihren Freunden enttäuscht zugeben, dass sie es in Deutschland nicht geschafft haben.
Genauso fühlte ich mich also vor 12 Jahren - meine Zukunft war komplett unentschieden.
Ich hatte 5 Jahre hinter mir, in denen ich fleißig Deutsch gelernt hatte, zig Vokabeltests, Lese- und Hörverstehen, Grammatikübungen und mündliche Prüfungen gemacht hatte - und trotzdem war ich nervös…
Jede Prüfung ist auch ein bisschen Glückssache
Schließlich ist jede Prüfung auch ein bisschen Glückssache. Denn man kann in 4 Stunden unmöglich alles zeigen, was man schon kann.
Dazu kommt noch die Ungewissheit - welches Thema überhaupt noch dran kommt. Etwas aus dem Alltag oder über Kommunikation wäre kein Problem gewesen, aber bei Themen wie Klimawandel, Politik oder Atomkraftwerken fühlt man sich gleich verunsichert.
Gewünscht hätte ich es mir natürlich, kurz in eine Glaskugel hereingeschaut zu haben. Denn dort hätte ich gesehen, dass ich im Endeffekt die Prüfung mit links geschafft hätte, nicht nur mein Studium in der Regelstudienzeit geschafft hätte, sondern auch selbst Lehrerin geworden wäre. Und in 6 Jahren meine eigenen DSH-Vorbereitungskurse geführt hätte…
Beruhigt hätte es mich und gefreut bestimmt auch.
Aber zu dem Zeitpunkt wusste ich das alles nicht. Was mir nämlich blieb, war die Hoffnung und den besten Ratschlag, den ich jemals bekommen hatte.
Welche Prüfung soll ich denn zuerst machen?
Dieser Ratschlag hatte etwas mit einer Erfahrung zu tun, die ich bereits 3 Monate davor gamacht hatte, als ich mich um einen Studienplatz in Gießen beworben hatte.
Da fragten sie mich im Studentensekretariat, ob ich schon eine Mittelstufeprüfung abgelegt hatte. Und diese hatte ich natürlich nicht. Ich hatte über 1600 Stunden Deutschunterricht gehabt. Das hätte doch längst direkt für die DSH-Prüfung gereicht. Der Mann im Sekretariat musste sich aber an seiner Studienordung halten und wollte mich so direkt für die Prüfung nicht zulassen.
So blieb mir nichts Anderes übrig, als erstmal die Mittelstufeprüfung zu machen. Hätte ich sie bloß nicht bereits vor 1 Monat verpasst! Der nächste mögliche Prüfungstermin wäre im März gewesen, also viel zu spät. Eine Alternative zur Mittelstufeprüfung blieb dann die TestDaF-Prüfung, die es auch jeden Monat gab. Dafür hätte ich aber nach Frankfurt oder Marburg gemusst.
Wie das genau funktionieren sollte, wusste ich selber nicht so genau, deshalb bat ich einen deutschen Freund von mir, für mich am Telefon mehr Informationen zu erfragen. So rief er in Marburg beim Sprachinstitut an, wo ich mich für die nächste TestDaF-Prüfung anmelden wollte. Da sagte ihm eine nette Frau am Telefon, dass es für die Anmeldung auch bereits zu spät gewesen wäre.
Wer zu spät kommt, ...
Zu spät? Wie? Die Prüfung war doch erst in einem Monat. Und ich würde auch dafür bezahlen. Tja, aber in Deutschland gibt es Fristen, ganz viele Fristen: Anmeldefristen, Abmeldefristen, Prüfungsfristen und alle möglichen Fristen. Und diese Frist hatte ich nämlich um 1 Tag verpasst. Einen einzigen Tag und ich durfte nicht nur an der Prüfung nicht teilnehmen, sondern damit auch nicht in Deutschland studieren.
Mein Freund, selber Deutscher, hat sich auch gewundert und fragte dann ganz freundlich: “Kann man denn nicht irgendwas machen?”
So antwortete die Frau:
“Tut mir leid, mir sind die Hände gebunden. Leider müssen wir uns an der Regelung halten.”
“Aber kann man denn nicht eine Ausnahme machen, schließlich handelt es sich nur um einen Tag Verspätung.”
“Nein, leider nicht. Letztes Jahr hat jemand die Frist um eine Stunde verpasst, und durfte sich auch nicht anmelden.”
Um eine Stunde?! Da ist doch klar, dass ein Tag später schon eine ganze Ewigkeit ist!
Aber genau in diesem Moment stellte mein Freund eine ganz entscheidende Frage:
“Und was hat dieser jemand dann gemacht?”
“Tja, der hat sich dann direkt für die DSH-Prüfung angemeldet.”
“Wie? Direkt?”
“Ja, so direkt.”
“Braucht man denn nicht die Mittestufeprüfung zuerst?”
“Nein, an der Uni Marburg darf man direkt die DSH-Prüfung ablegen.”
Ja… das war schon mal eine Info, die ich für mich erstmal gar nicht wahrgenommen hatte… ich wollte ja in Gießen studieren. Von Marburg wusste ich noch nicht mal, wo es genau liegt.
Die Absage
Nach der Absage für die TestDaF-Prüfung war ich erstmal zerstört. Eine ganze Welt brach in Sekunden für mich zusammen.
Dann schaute mich mein Freund an und fragte: “Und was machst du jetzt?”
Ich mit Augen voller Tränen: “Ich weiß nicht… es geht nicht weiter. Ich bin für die Mittelstufeprüfung zu spät, die TestDaF-Prüfung darf ich auch nicht machen, so werde ich für die DSH in Gießen nicht zugelassen”.
Und hier kam dann sein genialer Ratschlag.
Der beste Tipp, den ich jemals bekam
"Guck mal, du musst immer positiv bleiben und darfst nie aufgeben.
Wenn es in Gießen nicht klappt, dann mach doch die Prüfung in Marburg. Wenn du sie dort bestehst, werden sie sie dir in Gießen auch anerkennen müssen."
Wie ich mich dann ganz alleine auf die DSH vorbereitet habe, ohne Kurse und ohne Lehrer und wie ich dann die schriftliche Prüfung mit 94% bestanden habe und die mündliche mit 98% - darüber werde ich dir jetzt nicht erzählen, aber eins möchte ich dir weiter geben.
Die Deutschen haben ein Sprichwort: “Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben”.
Aber die Kunst des Lebens, mein Freund, besteht darin: IMMER POSITIV zu bleiben und NIE AUFZUGEBEN!
Das Leben ist voll mit Überraschungen aber auch tausenden Möglichkeiten und Gelegenheiten.
Also Kopf hoch und weiter geht´s.
Marburg
Denn Marburg bekam dann nicht nur die Stadt, wo ich studiert habe. Nicht nur die Stadt, wo ich ganz viele Freunde getroffen habe, meine große Liebe gefunden habe und tolle Erinnerungen gehabt habe… sondern meine Wahlheimat - wo ich mich vor 3 Jahren habe einbürgern lassen und wo ich jederzeit gerne zurückkehre.
Jahre später haben Studenten von mir dieses tolle Video über Marburg gemacht:
Und wenn du mehr über meine Lernerfahrungen lesen möchtest, dann schau dir mein neues E-Book “Schluss mit den typischen Fehlern”. Dort erzähle ich über viele lustige Geschichten, authentische Fehler und gebe ganz viele Tipps, wie man aus Fehlern am besten lernt.
Und wenn du die deutsche Sprache auch nicht aufgeben möchtest, dann schreib mir:
Was ist der beste Tipp, den du jemals bekommen hast?
Oder was ist deine gefühlte Heimatstadt und warum ist sie dir so wichtig?
KOMM AUF EINEN RUNDGANG DURCH MARBURG MIT MIR IN DIESEM VIDEO: http://www.germanskills.com/single-post/2016/04/07/Mein-Marburg-eine-Märchenstadt
Teile deine Geschichte in die Kommentare: Damit wir noch mehr Menschen dazu ermutigen, ihre Schwierigkeiten anzugehen und weiter zu machen - teile bitte auch eine Geschichte/Erfahrung von dir. Ich bin sicher, dass jeder von uns etwas zu teilen hat. Und denkt daran - jemand anders braucht vielleicht genau in diesem Moment nicht meine, sondern DEINE Geschichte zu hören - denn genau DIE wird ihm Mut machen, etwas zu verändern oder einfach weiter zu machen...
Dilyana
P.S. Dieser Beitrag ist ein Teil der Lehrerparade "Deutsch lernen: Meine Tipps für Schüler", organisiert von Jan (von EasyDeutsch.de).
